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Neue Gewerbegebiete bringen zusätzliche Einnahmen und schaffen neue Arbeitsplätze vor Ort. Deren Ausweisung müsste also in Rat und Verwaltung hohe Priorität haben. Gute Wirtschaftsförderung macht sich aber nicht allein daran fest, wie viel neue Betriebe angesiedelt werden, sondern wie gut es gelingt, bestehende Handels- und Gewerbestrukturen zu erhalten und zu stärken. Wir brauchen jetzt eine Offensive für den Handel und das Gewerbe. Wir wollen mehr Kaufkraft in Erftstadt binden. Ein gutsortierter Einzelhandel ist darüber hinaus ein Qualitätsmerkmal für unsere Bürgerinnen und Bürger und steigert die Attraktivität der Stadt.

Einzelhandel – das Stiefkind der Wirtschaftsförderung

Erftstadt hat ein aktuelles Einzelhandelskonzept aus dem Jahr 2022. Wir haben dieses Konzept nicht mitgetragen, denn es hat sich seit dem davor gültigen aus 2011 wenig verändert und bietet zu wenige Empfehlungen an, wie man den aktuellen Herausforderungen begegnen kann. Denn die Bedingungen für den Handel haben sich in dieser Zeit radikal verändert. Der lokale Einzelhandel gerät immer mehr durch den Online-Handel unter Druck. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Allein in Lechenich, Liblar und Gymnich haben sich innerhalb von zehn Jahren die Einzelhandelsgeschäfte um 25 Prozent verringert.

Die für den Einzelhandel relevante Kaufkraft liegt derzeit in Erftstadt bei knapp 415 Millionen Euro. Mit gut 8500 Euro pro Kopf ist dies die zweithöchste Kaufkraft im Kreis. Davon bleiben gut 285 Millionen in der Stadt. Die Kaufkraftbindung beträgt damit knapp 69 Prozent. Nur in Elsdorf ist sie im Rhein-Erft-Kreis noch niedriger. In allen anderen Städten des Kreises liegt sie zum Teil deutlich darüber.

Diese Entwicklungen aufzuhalten ist natürlich schwierig. Aber Nichtstun heißt, sie einfach nur hinzunehmen. Das kann nicht unser Ziel sein. Wir erwarten deshalb, dass sich die städtische Wirtschaftsförderung vielmehr um den Einzelhandel bemüht und Wege aus der Abwärtsspirale aufzeigt. Schon vor Jahren haben wir diskutiert, dass die Wirtschaftsförderung für die Bereiche Einzelhandel, Gastronomie, Handwerk und Gewerbe jeweils einen aktuellen Statusbericht vorlegt, der jährlich fortgeschrieben wird. Der Rat braucht eine detaillierte Ist-Beschreibung der einzelnen Wirtschaftsbereiche und deren Fortschreibung, um zu erkennen, welche Maßnahmen greifen und wo in Einzelfällen nachgesteuert werden muss.

Fortschreibung Einzelhandelskonzept

Wir fordern eine kontinuierliche Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes. Wirtschaftsförderung für den Einzelhandel darf sich nicht darin erschöpfen, immer mehr Discounter und Vollsortimenter anzusiedeln. Zusätzliche Kaufkraft wird dadurch nicht gebunden. Zusätzliche Kaufkraft lässt sich nur binden, wenn zusätzliche Branchen angesiedelt werden – auch außerhalb der Zentren in Lechenich und Liblar. 

Vielfalt erhalten

Schließlich ist für Erftstadt die Direktvermarktung diverser landwirtschaftlicher Betriebe und ihrer Produkte von großer Bedeutung. Unverzichtbar sind die Verkaufsmärkte. Kleine Geschäfte wie der Dorfladen Köttingen haben eine Nische gefunden und zeigen Wege auf, wie man mit speziellen Angeboten erfolgreich Kunden anspricht.  Wir stehen auch zu den kleinen Handwerkerbetrieben, die allein mit Hilfe von Familienangehörigen gute Qualität zu guten Preisen anbieten, etwa die Bäcker in Bliesheim und Friesheim. Wir alle müssen dafür sorgen, dass diese Betriebe auch in Zukunft eine Chance haben. Wir unterstützen daher den Campus für das Handwerk in Lechenich.

Vor einigen Jahren entwickelte ein Metzger in Erftstadt die Idee, ein Frischemarktzentrum zu entwickeln, in dem sich unterschiedliche Branchen (Metzger, Bäcker, Gemüse, Obst, Fisch etc.) ansiedeln. Eine gute Idee!

Neue Gewerbeflächen

Seit 2020 herrscht Stillstand. Eine Mehrheit im Rat und die Verwaltung schoben diverse Projekte immer wieder auf die lange Bank, etwa die Erweiterung des Wirtschaftsparks in Lechenich, die Erweiterung des Gewerbegebietes in Friesheim oder die Umsetzung des interkommunalen Gewerbegebietes Gut Barbara Hof an der Autobahnabfahrt Kierdorf. Inzwischen sind der Stadt die Gewerbegrundstücke ausgegangen. Längst hätten neue Gewerbegebiete erschlossen oder alte erweitert werden müssen. Erst seit ein paar Monaten gibt es erste Pläne für eine Erweiterung des Wirtschaftsparks in Lechenich.

Wir müssen schneller werden. Die Planung muss vorangetrieben werden. Ohne Gewerbeflächen keine neuen Ansiedlungen und auch keine neuen Einnahmen.

Alte Gewerbegebiete

Viele ältere Gewerbegebiete sind in die Jahre gekommen. Viele Grundstücke werden nicht mehr optimal genutzt und verwahrlosen. Zu diesen Gewerbegebieten zählen viele Flächen im Gewerbegebiet Vogelsang, auch einzelne Flächen im Gewerbegebiet zwischen Köttingen und Liblar. Vorhandene Gebäude werden kaum noch genutzt – auch weil sie modernen Anforderungen nicht mehr genügen.

Diese Flächen wiederzubeleben ist eine wichtige Aufgabe für die städtische Wirtschaftsförderung. Doch da tut sich wenig, um nicht zu sagen gar nichts. Die heute bei der Stadtentwicklungsgesellschaft angesiedelte Wirtschaftsförderung kommt dieser Aufgabe nicht nach. Aber auch in früheren Jahren kam zu diesem Thema nichts. Wir müssen es endlich schaffen, dass die Wirtschaftsförderung diese Aufgabe als Chance sieht. Hier können neue Werte geschaffen werden, ohne zusätzliche Böden zu versiegeln.

Bildquelle: iStock Vlad Kochelaevskiy


Zum Thesenpapier: https://aufbruch22.de/15-thesen-fuer-eine-neue-politik/