Unsere natürliche Umgebung ist eine Ressource, die wir dringend bewahren und erhalten müssen. Ausgaben dafür sind gute Investitionen. Bleiben sie aus, entstehen hohe Folgeosten. Diese werden teurer sein als Ausgaben bei rechtzeitigem Handeln.
Wir in Erftstadt haben 2021 mit dem Starkregenereignis und der darauf folgenden Flut die bittere Erfahrung gemacht, dass die Folgekosten unermesslich hoch sind. Allein für die städtischen Einrichtungen liegen sie bei 75 Millionen Euro. Die Schäden an privaten Gebäuden und Liegenschaften kommen da noch obendrauf.
Viele haben durch die Flut alles verloren. Ihr Hab und Gut, ein Leben lang gesammelte und liebgewordenen Erinnerungsstücke und das Gefühl, sicher zu sein.
Nachhaltige Konzepte für langfristige Wirksamkeit
Der Handlungsdruck, unsere Umwelt nachhaltig zu schützen, ist größer denn je. Ein Hochwasserschutzkonzept, ein Freiflächenmasterplan, Renaturierungspläne für die Erft und ihre Zuflüsse, der Verbund von Biotop- und Waldflächen, nachhaltige Quartiersentwicklungen und Bebauungspläne sind verschiedene Maßnahmen, mit denen man den Fehlentwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte entgegenwirken muss. Alle Einzelmaßnahmen müssen bestmöglich ineinandergreifen.
Um den stetig knapper werdenden Boden ringen dabei Industrie, Gewerbe, Bauwirtschaft und Landwirte auf der einen und die Natur auf der anderen Seite. Bisher einigt man sich zumeist auf Kosten der Natur, was sich unter anderem im Artensterben und im Verlust der Biodiversität dokumentiert. Durch Versiegelung von Flächen erhöht sich die Umgebungstemperatur, gleichzeitig kann weniger Wasser im Boden versickern – fatale Kaskadeneffekte treten ein.
Es ist unsere Verantwortung, für die nachkommenden Generationen dafür Sorge zu tragen, dass diese Entwicklungen schnell in nachhaltige Bahnen gelenkt werden.
Vernetzung der Natur- und Landschaftsflächen
Angesichts dieser Herausforderung ist es für die zukünftige Stadtentwicklung unumgänglich, die Freiraumgestaltung verstärkt mit in den Fokus zu nehmen und den Flächenverbrauch einzuschränken. Gleichzeitig ist die Förderung der Biodiversität, sowie der Schutz der historisch gewachsenen Natur- und Kulturlandschaften notwendig. Die Grün- und Freiraumsituation muss nachhaltig verbessert werden, um Erftstadt als lebenswerte und attraktive Stadt zu erhalten und weiterzuentwickeln.
Naturschutz- und Landschaftsschutzbereiche müssen miteinander vernetzt werden. Bereits im Flächennutzungsplan, der 1999 aufgestellt und verabschiedet wurde, ist das als planerisches Ziel ausgewiesen: „Insgesamt beträgt der Waldanteil Erftstadts nur 7,2% an der Gesamtfläche und liegt damit weit unter dem Durchschnitt des Kreises (10,6%) und des Landes (27%)….Ein Ziel der Freiraumplanung ist demnach die Erhöhung des Waldanteils.“
Geschehen ist das allerdings bislang nicht, und weder den Stadtplanern noch der Politik ist dieses Ziel gegenwärtig. Wir möchten, dass sich das ändert und dass dieses formulierte Ziel auch umgesetzt wird.
Eine Vernetzung der beiden Waldflächen, also des Friesheimer Waldes zur Ville, wäre eine wichtige Maßnahme in diesem Zusammenhang.
Stadtplanung mit dem Fokus auf Ökologie
Beim Entwickeln von Wohnbau- und Gewerbeflächen ist neben nachhaltigen Bebauungsvorgaben, wie größtmögliche Vermeidung von Versiegelung, Dachbegrünung, Bepflanzungsvorgaben (Sprichwort: keine Schottergärten!) auch die Berücksichtigung von Kaltluftschneisen zu beachten. Vor allem bei der geplanten Bebauung neben der Hochschule des Bundes und des Quartiers oberhalb der TH sind das wichtige Kriterien. Denn bislang sind diese Flächen frei von Bebauung und lassen von der Ville nach Liblar kalte Luft fließen, was vor allem in heißen Sommernächten für wichtige Abkühlung sorgt.
Für die zukünftige Stadtentwicklung Erftstadts gilt es, ein planerisches Konzept zu entwickeln, das die Neuausweisung von Bauflächen im Einklang mit einer ökologischen Entwicklung des Freiraums darstellt, mit der Zielsetzung des Erhalts und der Aufwertung von Landschaft.
Eine fatale Fehlentwicklung ist zum Beispiel die jüngst erteilte Genehmigung für die Erweiterung des VZEK (Remondis) auf den als Wald ausgewiesenen Flächen in der Ville – und dicht an der Wohnbebauung von Köttingen und Liblar. Obwohl sich über 700 Erftstädterinnen und Erftstädter kritisch und entsetzt zu den Plänen geäußert hatten, hat die bekannte Erftstädter Mehrheit im Rat (CDU, FDP, Grüne, FW) den Planungen von Remondis zugestimmt und damit die privatwirtschaftlichen Interessen vor die Interessen der Bürgerinnen und Bürger gestellt. Dabei gab es im Umfeld des VZEK durchaus andere, bessere Standorte.
Wir möchten, dass sich solche fatalen Entwicklungen nicht wiederholen, sondern sich im Gegenteil die Sensibilität zu unserer Umwelt in politisches Handeln ummünzt. Dazu brauchen wir neue, verlässliche Mehrheiten – auch zum Schutz unserer natürlichen Umwelt.
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Zum Thesenpapier: https://aufbruch22.de/15-thesen-fuer-eine-neue-politik/